Nizza 14.Juli 2016

Collage zum Attentat in Nizza am 14.Juli 2016 © Caroline Ronnefeldt

15.Juli 2016  Die letzten Wochen waren arbeitsreich und ich kam absolut nicht dazu, meine WUNDERKAMMER mit Neuigkeiten zu versehen. Seit Mai zeichne ich unentwegt Tiere für verschiedene Projekte, darunter ein neues Kinderbuch, ein Angebot, das mich völlig unerwartet erreichte und sehr freut. Gestern saß ich noch nach Mitternacht zufrieden an einer idyllischen Szene mit netten Tierchen in friedvoller Umgebung und habe mich dort hinein-geträumt. Wie immer in diesen stillen intensiven Nächten mit einem inspirierenden Projekt und entsprechend guten Ideen dazu im Kopf, die man nun in aller Ruhe allmählich zu Papier bringen kann. In aller Ruhe.....

 

An diesem Wochenende wollte ich ein paar dieser hübschen neuen Illustrationen auf den blog setzen, als munteres Gegengift zum verregneten Sommer. Das passt heute nicht mehr. Gestern Nacht hörte ich noch die Spätnachrichten, so gegen halb zwei....

Von zwei, drei göttlichen Dingen......

Ich besitze zwei schmale Bände einer zweisprachigen Anthologie: "Das französische Gedicht", jeweils des 15. bis 18., sowie des 19. bis 20. Jahrhunderts.

Vor Jahren habe ich sie im Bücherschrank meiner Eltern entdeckt, zwei vergilbte und abgegriffene Taschenbücher, die aber wahre Schätze beinhalten,

vor allem auch hinsichtlich der genialen Übersetzung durch einen mir sicher zu Unrecht nicht bekannten Max Rieple.

 Eben habe ich darin geblättert, ob darin wohl etwas zu finden sei, was passend wäre, wenn einem selbst eher nach Schweigen zu Mute ist und man sich dennoch mitteilen möchte. Ich entdeckte ein Gedicht des französischen Schriftstellers Jules Romains, geschrieben unter dem Eindruck des 1. Weltkriegs.

Europe

EUROPE

Europe! Je n'accepte pas

Que tu meures dans ce délire.

Europe, je crie que tu es

Dans l'oreille de tes tueurs.

 

Europe! Ils nous ferment la bouche;

Mais la voix monte à travers tout

Comme une plante brise-pierre.

 

Ils auront beau mener leur bruit;

Je leur rapelle doucement

Mille choses délicieuses.

 

Ils auront beau pousser leur crime;

Je reste garant et gardien

De deux ou trois chose divines.

EUROPA

Europa! Ich will es nicht glauben,

Dass du im Fieberwahn stirbst.

Europa, du lebst, uns ich schrei es

Ins Ohr deiner Mörder hinein.

 

Europa ! Sie schließen den Mund uns,

Doch alles mein Rufen durchdringt,

Wie Pflanzen durchbrechen Gestein.

 

Sie mögen nur toben und lärmen,

Vor ihnen beschwöre ich still

Ein tausendfach köstliches Sein.

 

Lass ihre Verbrechen sie steigern,

Ich bleibe der Bürge und Wächter

Von zwei, drei göttlichen Dingen.


JULES ROMAINS

(1885 - 1972)